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Die in diesem Kapitel folgenden Überlegungen basieren auf der Annahme, dass Sie bzw. die Kameraautomatik (evtl. mithilfe Ihrer Korrektur) bereits eine erste, für die Motivhelligkeit passende, Kombination von Blende und Zeit gemessen haben.
Diese Kombination ergibt dann ein richtig belichtetes Bild. Aber sie ist nur eine von vielen möglichen Belichtunsgvarianten. Sie können auch eine ganz andere (gleichwertige) Einstellung für Ihr Foto benutzen. Solche gleichwertigen Einstellungen führen zur gleichen Belichtungsintensität (also Helligkeit und Dauer der Belichtung ) auf dem Aufnahmemedium. Sie können diese gleichwertigen Einstellungen finden, indem Sie Zeit und Blende im Ausgleich ändern.
Blenden- oder Zeitveränderung in vollen Stufen ergibt immer eine Halbierung bzw. Verdoppelung der auf den Film treffenden Lichtmenge.
Deshalb können Sie, wenn der Belichtungsmesser Ihnen zum Beispiel Blende 5,6 und 1/ 250 nennt, ebenso die Blende um einen Wert schließen (auf 8.0) und dafür die Zeit verlängern (auf 1/ 125).
Genauso gut könnten Sie allerdings auch die Zeit verkürzen auf 1/1000 (also um 2 Stufen) und die Blende zum Ausgleich um zwei Werte (auf 2.8) öffnen.
Oder, wenn Sie es für richtig halten, benutzen Sie Blende 2.0 (mit sehr wenig Schärfentiefe ) und nehmen zum Ausgleich (weil Sie ja die Blende um 3 Werte von 5.6 über 4.0 und 2.8 auf 2.0 geöffnet haben) eine Zeit von 1/ 2000 Sekunde (von 1/ 250 über 1/ 500 und 1/ 1000 auf 1/ 2000 Sekunde).
Alle diese Einstellungen würden zu einem gleich hellen Foto führen. Sie können also im Rahmen der Möglichkeiten Ihrer Kamera (nicht jede Kamera kann die sehr kurzen Zeiten benutzten, nicht jedes Objektiv lässt richtig große Blendenöffnungen zu) die Zeit-/Blendeneinstellung frei wählen. Wenn Sie die Zeit ändern, müssen Sie einfach die Blende in entgegengesetzter Richtung ebenfalls ändern. Oder umgekehrt. Sollte Ihnen Ihr Belichtungsmesser also Blende 5.6 bei 1/ 250 Sekunde vorschlagen, sind folgende Einstellungen für eine korrekte Belichtung ebenfalls richtig:
Wenn sich die Helligkeit verändert oder wenn Sie eine andere Empfindlichkeit wählen, verschieben sich die Reihen entsprechend zueinander; die Zuordnungen der Werte in der Reihe ändern sich:
Auf der Website der Fotoschule-Ruhr.de, über die Sie auch meine Foto- und Bildbearbeitungskurse buchen können, habe ich einen kostenlosen Belichtungsrechenschieber zum Ausdrucken hinterlegt, an dem Sie die unterschiedlichen einander entsprechenden Zeit/Blendenkombinationen (und ihre Auswirkungen auf die Bildgestaltung) ablesen können. Zum Rechenschieber.
Sie werden mit Ihrer Kamera sicherlich nicht alle theoretisch möglichen Kombinationen einstellen können. Und es sind wohl auch nicht alle sinnvoll oder richtig in einer bestimmten Aufnahmesituation.
Doch was ist nun die "richtige" Einstellung? Um das zu entscheiden, müssten wir wissen, was Sie wie fotografieren möchten.
Beispiel 1 Sie wollen ein Porträt machen, deshalb wünschen Sie evtl. wenig Schärfentiefe , um die Person vom Hintergrund zu isolieren. Im oben genannten Fall von 1/ 250 und Blende 5.6 können Sie die Blende auf z. B. 2.8 öffnen, also wenig Schärfentiefe vorwählen, und dafür die Zeit auf 1/ 1000 verkürzen.
Beispiel 2 Auf einer Landschaftsaufnahme möchten Sie alles von vorn bis hinten scharf abbilden. Deshalb müssen Sie die Blende für viel Schärfentiefe weit schließen und dafür die Zeit verlängern. Also z. B. auf 22 schließen (Vorsicht: Beugungsunschärfe), und dann 1/ 15 als Zeit vorwählen. Diese Einstellung ergibt zwar die gleiche Helligkeit wie die oben genannte von 1/ 250 und Blende 5.6, doch wäre die Schärfentiefe viel größer. Je nach Situation werden Sie allerdings bei 1/ 15 ein Stativ verwenden müssen.
Beispiel 3 Bei einer Sportveranstaltung wollen Sie ein Foto von den Radrennfahrern machen. Sie haben Glück und bekommen einen Platz nahe der Fahrbahn. Damit das Licht, das die Radfahrer auf Ihren Film reflektieren, nicht während der Belichtung über das Negativ "wandert", also eine Bewegungsunschärfe erzeugt, verwenden Sie 1/ 2000 Sekunde. Natürlich können Sie auch eine längere Zeit einstellen, um entweder die Radfahrer mit "Wischern" abzulichten oder aber um die Kamera mitzuziehen, damit die Radfahrer scharf vor einem verwischten Hintergrund erscheinen, so dass so oder so ein Eindruck der Geschwindigkeit entsteht.
Sie können also, angepasst an Ihre Bildvorstellung, in ein und derselben Situation völlig unterschiedliche Belichtungen vornehmen. Die richtige Belichtung führt zu einem Bild, das Ihren Vorstellungen entspricht.
Womit beginnt man? Zeit oder Blende? In meinen Grundlagen-Fotokursen zeige ich meinen Teilnehmer eine Weg in drei Schritten, um den passenden Startwert für die Belichtungsmessung zu finden. Dabei gehe ich davon aus, dass die Kamera bereits in Bezug auf die anderen Einstellungen (u.a. ISO, Autofokus, Weißabgleich, etc.) richtig eingestellt ist. Es geht im folgenden also "nur" noch um die Belichtung. Eine ausführlichere Version dieser Schritte hin zu den richtigen Kameraeinstellungen finden Sie im letzten Beitrag in diesem Kapitel Belichtung: Eine mögliche Reihenfolge bei der Einstellung der Belichtung
Beim ersten Schritt geht es um die Bildgestaltung. Spielt Bewegung im Bild eine Rolle, dann ist die Belichtungszeit wichtig und damit liegt der Startwert (kurze oder lange Zeit) bereits fest. Falls nicht, geht es weiter zum zweiten Schritt.
Auch hier geht es wieder um die Bildgestaltung, es kommt die Schärfentiefe ins Spiel. Soll sie besonders groß sein? Dann wird eine große Blendenzahl vorgewählt. Soll sie klein sein, zum Beispiel um einen unerwünschten Hintergrund in der Unschärfe verschwinden zu lassen? Dann sollte auch die Blendenzahl klein gewählt werden.
Manchmal spielt die Schärfentiefe aber auch keine sehr große Rolle im Bild. Bei Landschaften, speziell Fernsichten in Kombination mit Weitwinkel, kann es vorkommen, dass für die Kamera bereits hinter einigen Metern "unendlich" beginnt (für die Fotonerds: siehe hyperfokale Entfernung ). Dann geht es mit dem dritten Schritt weiter.
Zeit und Blende spielen für die Bildgestaltung keine Rolle? Wie langweilig. ;-) Dann kommen jetzt technische Überlegungen zum tragen. Viele Objektive haben erst etwas abgeblendet ihre beste Leistung. Oft liegt das Optimum in der Mitte der möglichen Blendeneinstellungen des Objektivs. Und wenn es dann (wie in diesem Fall) keine gestalterischen Gründe gibt, die dagegen sprechen, wird das Objektiv jetzt auf den Wert optimaler Leistung, die mittlere Blende, eingestellt.
Zusammengefasst: Immer dann, wenn die Bewegung bildwichtig ist mus die passende Belichtungszeit gewählt werden. Falls sie nicht bildwichtig ist (unerwünschtes Verwackeln sollte man auch ausschliessen), ist die Zeit zweitrangig . Dann geht es entweder um kleine Blendenzahl wegen kleiner Schärfentiefe oder um eine große Blendenzahl wegen großer Schärfentiefe. Falls die Schärfentiefe auch keine Rolle spielt, wählt man wegen der in den meisten Fällen besseren Bildqualität eine mittlere Blendenzahl.
Von diesen Überlegungen unabhängig können Sie Ihr Bild mit Absicht knapper oder reichlicher belichten. Sei es, weil Sie wissen, dass dieses Motiv heller oder dunkler besser "kommt"; sei es, weil Sie wissen, dass Ihr Belichtungsmesser in einer bestimmten Situation zur Fehlmessung neigt.
Problemfälle Viele Belichtungsmesser haben Probleme mit bestimmten Aufnahmesituationen. Ein Beispiel sind sogenannte Gegenlichtaufnahmen. Bei einer solchen Aufnahmesituation steht ein dunkles Motiv vor der Lichtquelle, zum Beispiel eine Person vor dem Sonnenuntergang.
In einem solchen Moment wird Ihr Belichtungsmesser von dem hellen Hintergrund "irritiert". Er gibt Ihnen dann eine zu kurze Zeit (bzw. zu weit geschlossene Blende) vor, so dass der Sonnenuntergang zwar richtig belichtet wird, die Person aber zu dunkel erscheint.
Wenn Sie nun die Aufnahme (um ein oder zwei Blenden) "überbelichten", also reichlicher belichten, als der Belichtungsmesser empfiehlt, ist das Gesicht der Person besser zu erkennen. Leider ist dann aber der Hintergrund zu hell, so dass die Wirkung des Sonnenuntergangs dahin ist. Was man in einer Situation wie dieser fotografisch noch tun kann, finden Sie im Kapitel "Zubehör" unter "Aufhellblitzen".
In der digitalen Welt ist es dagegen oft eine Frage der richtigen Belichtung in Kombination mit der richtigen Bildbearbeitung, um von solchen Problemmotiven trotzdem Wunschbilder zu bekommen. Das dauert oft auch nur wenige Sekunden und erzeugt meist ein besseres Bild als ein Aufhellblitz oder ein zusätzlicher Reflektor. In meinem Blog habe ich dazu einen Text mit erklärendem Video. Aber so oder so: Kein Belichtungsmesser der Welt kann Ihnen die Entscheidung abnehmen, wie das spätere Bild aussehen soll.
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