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Wie kann man Fotos gestalten?

Abschließend ...

Bewusste Gestaltung?

Um ein Bild (ob ein eigenes oder ein fremdes) in Bezug auf die Gestaltung zu "untersuchen", kann eine Analyse mit Berücksichtigung der in diesem Teil des Buches / Onlinefotolehrgangs besprochenen Gestaltungsmittel hilfreich sein.
Es ist aber falsch, umgekehrt annehmen zu wollen, dass man ein Bild so auch einfach aus diesen Mitteln aufbauen kann.
Das wird nicht funktionieren. Sie sollten nicht nach aufsteigenden Diagonalen suchen, um damit dann ein Bild zu konstruieren. Diese Diagonale ist nur Hilfsmittel, aber kein Grund für ein Bild.

Suchen Sie vielmehr nach Motiven, die z. B. Stimmungen und Gefühle ausdrücken.
Und wenn Sie so ein Motiv gefunden haben und ausreichend Zeit ist, dann ist der richtige Zeitpunkt, das Bild zu "bauen", indem Sie die gestalterischen Elemente wie Form oder Linie berücksichtigen oder durch unterschiedliche Standortwahl das Fotografierte präziser eingrenzen oder durch wichtige Elemente ergänzen.
Wenn Sie nicht genügend Zeit haben, dann kann das nicht so stark analytisch konstruierend passieren. Sie müssen diese Gestaltungsmittel als instinktiv beherrschten Teil Ihres fotografischen Werkzeugkastens einsetzen können.
Trainieren Sie Ihren Gestaltungsmuskel!

Fotografieren ist wie Autofahren.
Sie denken beim Fahren auch nicht über die richtige Stellung des Blinkerhebels nach und regeln auch bei höherer Geschwindigkeit die Lautstärke des Autoradios, ohne vom Fahren abgelenkt zu werden.
So sollten auch die handwerklichen Prozesse der Fotografie ablaufen. Und die gestalterischen sollten ebenso in Fleisch und Blut übergehen wie Kuppeln, Schalten und Bremsen.

Beide Bereiche, Technik und Gestaltung kann man üben, so wie man das Autofahren auch üben muss.
Nehmen Sie sich dafür immer mal wieder ein oder zwei Stunden Zeit, um bewusst zu üben. Es geht dabei nicht um das fertige Bild, sondern um das Lernen. Deshalb sollten Sie nicht in Situationen üben, in denen unbedingt ein gutes Bild entstehen soll oder muss. Die Hochzeit Ihres Freundes oder der Karneval in Venedig ist der falsche Zeitpunkt zum Üben.

Zu Anfang können Sie sich ja auch anhand der Übungsaufgaben aus dem weiter hinten erwähnten Testfilm in das Üben einüben.

Die Gestaltung des Bildes mit den hier von mir im Vorfeld aufgeführten Elementen und Techniken ist nur eine Seite der Bildgestaltung. Es ist die einfachere, die, die man im Rahmen eines solchen Buches erklären kann. Deshalb werden Sie ähnliche Texte auch in anderen Büchern finden. Lassen Sie sich durch diese Häufung nicht dazu verleiten, sie als die wichtigste Art der Gestaltung anzusehen.

Die andere Seite der Gestaltung, aus meiner Sicht viel wichtiger, aber leider (besser: zum Glück) im Rahmen eines Buches nicht erklärbar, ist die instinktive Erfassung einer Situation. So eine Situation kann so bedeutsam sein, für den Betrachter so fesselnd, dass in einer Bildanalyse auffallende gestalterische Fehler überhaupt keine Rolle spielen.
Gestaltungsfehler, die ein Foto eines Leuchtturms zum Löschkandidaten machen, sind bei einem emotional fesselnden Bild völlig egal.

Erst vor kurzem ist mir das zum wiederholten Male ganz drastisch bewusst geworden. Ich besuchte die großartige Ausstellung einer amerikanischen Fotografin, deren Bilder man in erster Linie der "Streetphotography" und dem Bildjournalismus zuordnen kann.
Beeindruckt von diesen Fotos gehe ich durch die Ausstellung und bleibe vor vielen Bildern lange stehen. Zum Ende meines Besuches stehe ich im Ausgang und unterhalte mich kurz. Beim flüchtigen Blick auf eines der Bilder, das von meiner Gesprächspartnerin teilweise verdeckt ist, sehe ich aus dem Augenwinkel einen "Fehler": "angeschnittene Füße".

Neugierig geworden, gehe ich jetzt noch einmal durch die Ausstellung und versuche ganz bewusst, mich nicht von den Bildern "fangen" zu lassen – ich will analysieren.
Und tatsächlich, ich entdecke noch einige andere Bilder mit Fehlern. Mittenzentrierter Bildaufbau, schiefe Horizonte, leichte Unschärfe usw. Es machte auch nicht den Eindruck, als wären die Fehler mit Absicht drin, um die "Regeln" bewusst zu brechen. Nein, die Regeln waren einfach nicht nötig, die Bilder waren (trotzdem?) beeindruckend.

Und das lag wohl an der beeindruckenden Fähigkeit der Fotografin, die abgebildeten Personen für den Betrachter präsent zumachen. Man sah nicht auf ein Bild, sondern auf einen Menschen. Der Inhalt war so stark, dass er alles andere unnötig macht.
Speziell bei Bildern mit dem Motiv "Mensch", vor allem dann, wenn es ungewöhnliche Menschen oder Menschen in ungewöhnlichen Situationen (und manchmal auch, wenn es sehr bekannte Menschen) sind, ist dieser direkte emotionale Kontakt zwischen dem Abgebildeten, dem Motiv, und dem Betrachter möglich.

Anders sieht das dagegen aus, wenn Sie Ihre Stereoanlage fotografieren, um sie im Internet zu verkaufen. Bei solchen Bildern ohne (oder mit nur schwachem) Inhalt, darunter fallen auch die meisten der typischen Postkarten- und Urlaubsmotive, ist die bewusste Gestaltung (auch gegen die Regeln) oft alles, was das Bild im Gegensatz zu Hunderten anderen aufbieten kann.
In solchen Fällen sollte man die Regeln kennen, um sie anwenden oder bewusst brechen zu können. Die Stereoanlage soll schließlich verkauft werden und das Landschaftsbild im Kalender soll den zu Weihnachten Beschenkten gefallen.

Eigentlich ein schönes Landschaftsbild, aber da der Betrachter keinen rechten Größenmaßstab im Bild findet, ist es für ihn schwer, die majestätische Größe der "Drei Zinnen" richtig einzuschätzen. Eine im Vordergrund befindliche Person oder auch nur ein Rucksack würde da schon helfen.